Kunstinteressierte haben es heutzutage scheinbar leicht. Via Internet und Fernsehen wird ihnen alles in verständlich aufbereiteten Häppchen nach Hause geliefert. So erschließt sich Kunst bequem vom eigenen Sofa aus. Doch leider fehlt dabei etwas Entscheidendes: das menschliche Gegenüber, mit dem alles besprochen und geteilt werden kann. Der Bildschirm kann das Live-Erlebnis nicht ersetzen.
ruß‘n‘rost setzt genau an dieser Stelle an. Ziel ist es, Kunst für Menschen unmittelbar erlebbar und begreifbar zu machen – und sie so wieder in die Mitte unserer Gesellschaft zu rücken. Deshalb liefert ruß’n’rost auch keine fertigen Thesen für Oberseminare, sondern setzt sich mit einem Phänomen der modernen Welt auseinander: der Wegwerfgesellschaft mit ihren immer schneller werdenden Zyklen von Entstehen, Vergehen und Neuentstehen.
 


Bettina Reichert und Andreas Hamacher, die Macher der Gemeinschaftsausstellung, beschäftigen sich nicht mit Recycling, sondern mit Upcycling. Sie unterbrechen den Kreislauf des Ressourcenkonsums, indem sie ihm Material entnehmen und mit ihren Werken in einen neuen Kontext setzen.
Die Malerin Bettina Reichert nutzt Ruß aus verschiedenen Schornsteinen zur Herstellung eigener Farben. Der Stahlbildhauer Andreas Hamacher verwendet Metalle von Schrottplätzen der Region. Das Ausgangsmaterial ist in beiden Fällen ein ungeliebtes Abfallprodukt unserer Überflussgesellschaft.
Das Ergebnis ist ein lebendiges Ausstellungskonzept, das nicht nur mit den Augen, sondern auch mit Nase und Händen „erfasst“ werden kann.


Hier eine Präsentation über unser Portfolio:

 

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ruß ’n’ rost at SCHAUstudio Koblenz

Nach der polarisierenden Einzelausstellung „Der Provokateur“, welche im vergangenen Monat die Kunst des Künstlers René von Boch erstmalig in Koblenz zeigte, präsentiert die Kunstgalerie für moderne und zeitgenössische Kunst SCHAUstudio im Mai ein weiteres Highlight des aktuellen Ausstellungsjahres.

Mit der Vernissage zu ruß ’n’ rost at SCHAUstudio, welche am Samstag, den 16.05. ab 19:00 Uhr stattfindet hält Abstraktionismus Einzug in die historische Altstadt von Koblenz.

Mit einer Gemeinschaftsausstellung, in welcher die Bilder der Künstlerin Bettina Reichert auf die Skulpturen des Künstlers Andreas Hamacher treffen, präsentiert die Kunstgalerie SCHAUstudio abermals ein Ausstellungskonzept, was den Zeitgeist punktgenau trifft, denn das Künstler-Duo setzt beim Schaffensprozess den Fokus auf das Thema Upcycling, welches im Design aber auch in der Mode ein in unserer Zeit viel diskutiertes Fokusthema ist.

Ob Spiegel unserer Wegwerfgesellschaft oder Darstellung des stetig werdenden Prozesses von Entstehen, Vergehen und Neuentstehen - Die Bilder mit Ruß gemalt und die Skulpturen aus Metallen von Schrottplätzen der Region gefertigt, sorgen für Gesprächsstoff vom gesellschaftlichen bis hin zum ethischen Kontext.

Dabei wird der Besucher und Betrachter der Kunst von Bettina Reichert und Andreas Hamacher fast schon gezwungener Maßen der Frage nachgehen, welche, vielleicht sogar wechselseitige Beziehung zwischen Vergangenheit und unmittelbare Zukunft besteht – erfreut wird der sein, welcher in den Werkstücken die Konstante erkennt, welche vermag die zeitlichen Ebenen miteinander zu verbinden.

Vom Gegenstand abstrahiert, teils losgelöst von realen Objekten oder der Natur, verdichtet die Ausstellung Kunst und dessen Ausdruck auf eine Essenz, welche bis zum 30.05. in der Mehlgasse zu erfahren, zu erleben ist.

Weitere Informationen zur Ausstellung gibt es unter www.SCHAUstudio.de

Über SCHAUstudio
Das Konzept SCHAUstudio verbindet Kunstgalerie mit Concept-Store. Im SCHAUstudio sind professionell produzierte Editionen von jungen Künstlern und neuen Talenten ebenso zu finden wie Design- & Lifestyle-Gadgets. So können neben Kunstwerken auch bspw. Wanduhren, Leuchten oder Bücher entdeckt und erstanden werden. www.SCHAUstudio.de


Laudatio zur Vernissage ruß'n'rost at SCHAUstudio Koblenz

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

mein Name ist Ullrich Remus und es ist mir auch am heutigen Abend wieder Ehre und Vergnügen in der Galerie Schaustudio, eine Laudatio auf zwei außergewöhnliche Künstler halten zu dürfen.

Doch auch dieses mal möchte ich, bevor wir uns den schönen Künsten zuwenden, ein paar Worte über Ihre Gastgeber Alexander und Wolfgang Thelen verlieren. Seit einem guten Jahr treiben sie in dieser eher beschaulichen Straße, in der eher romantischen Koblenzer Altstadt ihr „Unwesen“. Die Beiden, in der Nachbarschaft besser bekannt als „die Jungs“, haben es in Sachen Kunst in dieser verhältnismäßig kurzen Zeit so richtig krachen lassen. Große Namen, Künstler von internationalem Rang, geben sich hier die Klinke in die Hand und lassen diesen Raum in relativ kurzer Taktung immer wieder anders aussehen und anders wirken. Immer aufs neue werden die Besucher der Galerie auf vielfältige Weise, fasziniert, irritiert, angeregt, erregt, angezogen, abgestoßen, aber vor allem immer wieder verzaubert. Mit scheinbarer Leichtigkeit und einer großen Portion Unbefangenheit leisten Alexander und Wolfgang Großartiges und bereichern die Kunstszene ungemein.

Kunst, das ist ein großer Begriff. Kunst hat viele Facetten und in all diesen Facetten, hat sie auch viele Aufgaben. Sie soll gefallen, sie soll unterhalten, sie soll inspirieren, sie soll provozieren und… sie soll uns auch manches mal ärgern. Genauso verhält es sich auch mit Laudatoren und wenn mir das alles heute gelingt, dann bin ich sehr glücklich.

Als ich die heute ausgestellten Werke zum ersten mal sah, hörte ich im Geiste den ein oder anderen sagen: „Aha, diesmal keine Erotik“ Aber…. weit gefehlt. Ich finde all diese Werke sind auf wunderbare Weise an Obszönität nicht zu überbieten. Aber es ist eine Obszönität  auf den zweiten, den richtigen Blick. Hier werden unsere Sinne nicht nur visuell gekitzelt, sondern hier geht es auch um Haptik und um ein Feuerwerk für unsere Nase. Geradezu schamlos ist auch der Umgang mit dem Material. Hier wird gewässert, gebürstet, gerieben, dort wird gepresst, gequetscht, geschnitten, poliert, patiniert... et voila, entsteht ein Kunstwerk. Ein Kunstwerk aus Materialien denen zuvor niemand besondere Beachtung schenkte, da sie eigentlich zur Entsorgung verurteilt waren. Nun, wer denkt sich so etwas aus. Welche Künstler befassen sich mit dem Phänomen der Wegwerfgesellschaft? Mit den immer schneller werdenden Zyklen von Entstehen, Vergehen und Neuentstehen? Welche Künstler nennen plötzlich ihren Schrotthändler oder Schornsteinfeger Freund?

 

Bettina Reichert und Andreas Hamacher, präsentieren in dieser spannenden Gemeinschaftsausstellung ihr Lieblingsthema, das Ihnen auch gleichzeitig ein Anliegen ist. Upcicling, Konsum und Ressourcen.

 

Bettina Reichert, die Malerin, nutzt Ruß zur Herstellung eigener Farben. Andreas Hamacher, der Bildhauer, verwendet Metalle von Schrottplätzen. Beide bedienen sich also ungeliebter Abfallprodukte unserer Überflussgesellschaft, retten sie vor dem sicheren Tod durch Entsorgung, unterziehen sie einem „Upcycling und hauchen ihnen mit gekonnter Künstlerhand neues Leben ein.

 

In Bettina Reicherts Bildern finden Sie Ruß aus dem eigenen Ofen als Farbe wieder. Bei genauer Betrachtung entdecken Sie die vielen Gesichter dieses spannenden Materials. In Verbindung mit Acryl und Pigmenten entstehen Bilder, deren Vielfalt von leisen und feinen fließenden Grautönen bis ins Tiefschwarz, den Betrachter in Ihren Bann zieht. Hier lohnt sich auch ein Blick von der Seite, um die tatsächliche Farbtiefe zu entdecken. Eventuelle Hand- und Wangenabdrücke Ihrerseits an der Wand sind bitte direkt zu signieren. Vielleicht entsteht dann daraus die nächste Ausstellung.

 

Andreas Hamachers Arbeit beginnt bereits auf dem Schrottplatz, der quasi eine Art Außenatelier ist. Das Spannungsfeld zwischen dem schroff Abweisenden und dem weich Einladenden des Materials, ist ihm besonders wichtig. Bereits hier beginnt eine Liaison, die über Texturen, Flächen und Formen, unter Einbeziehung der Natur und der menschlichen Seele, Skulpturen entstehen lässt, die den Betrachter verführen anzufassen und zu begreifen.

 

Ich möchte Sie heute nicht mit kulturhistorischen Ergüssen, mit dem Werdegang der Künstler, oder zu vielen Details überhäufen, das erfragen Sie am Besten bei den Künstlern selbst. Ich möchte Sie einladen, diese Ausstellung mit den Händen und der Nase zu erfassen. Gönnen Sie Ihrer Nase ein Bild zu erleben und erlauben Sie Ihren Händen eine Skulptur zu streicheln. Schließen Sie in beiden Fällen die Augen und lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf.

Falls Sie dann immer noch nicht merken was an all diesen Werken obszön ist, kann ich nur sagen: „…und ob dat sssön ist“!

 

Vielen Dank